Kleinstaunen in Schottland

Kleinstaunen in Schottland

Das Schaf, welches uns während längerer Zeit fast unbemerkt beobachtete, ist zwar nicht klein genug, um in die Kategorie kleinstaunen zu passen, aber es symbolisiert für uns mehr als alles andere eine Reise nach Schottland. Das Land, bei dem in jeder Himmelsrichtung (fast) immer ein Schaf zu sehen ist.

So auch während unserer Schottland (und Nordengland)-Reise im vergangenen Herbst. Dieses extra hübsche Schaf auf dem Bild beäugte uns, während dem wir auf der anderen Seite der Strasse eine Mini-Kolonie Robben bei ihrem Nachmittagssonnenbad fotografierten.

 

Dennoch: Schottland ist nicht nur für Fotografen von grossen Tieren und Landschaften spannend, sondern auch für Kleinstauner jeder Art.

In Schottland gibt es unzählige Gartenanlagen, die uns stundenlang in den Bann ziehen und uns zum Staunen bringen. Wir schlenderten mit offenem Mund und Kamera vor den Augen durch den Schlossgarten des Drummond Castle, genossen aber ebenso die wilden Pflanzen in den weitläufigen Wäldern und die privaten Blumenprachten in Gärten diverser Gastgeber. Kleine Randbemerkung: Die Menschen in Schottland sind ja so was von gastfreundlich :-).

Gärten in Schottland
Gärten in Schottland
Gärten in Schottland

Nebst wunderschöner Pflanzen durften wir auch vielen Vögeln und anderen Kleintieren begegnen, uns bekannte, wie diese Staren auf Kintyre, aber auch welche, die wir noch nie gesehen hatten.

Gärten in Schottland
Gärten in Schottland
Gärten in Schottland

Der Herbst war in Schottland dieses Jahr sehr mild. Wir hatten wunderbares Glück und konnten in einem von geheimnisvollen Wald umgebenen Loch baden. Und dank der noch warmen Tagen sahen wir noch viele spannende Insekten.

Gärten in Schottland
Gärten in Schottland
Gärten in Schottland

Unser Kleinstaunen stoppte aber nicht bei der Natur, auch sonst gab es in Schottland viel zu staunen. Kleine Details nah und fern, in Städten, unterwegs, bei Unterkünften. Dauernd sahen wir etwas, was uns zum Innehalten bewegte und uns ein Schmunzeln auf die Lippen zauberte.

Gärten in Schottland
Gärten in Schottland

Magst du noch mehr kleinstaunen mit uns in Schottland und Nordengland? Dann klick auf die Galerie unten.

Kleinstaunen und Reisen

Kleinstaunen und Reisen

Im Winter 2012 war es bereits mehr als ein Jahr her, seit wir von einer mehrjährigen Reise zurückgekehrt waren. Die Redaktion des Globetrotter-Magazins fragte mich damals an, ob ich für ihre 100. Ausgabe ein paar Worte zum Thema „Was ist das Wichtigste beim Reisen“ schreiben würde.

Ich hatte während Jahren Reiseberichte und recherchierte Artikel im Globetrotter-Magazin veröffentlichen dürfen und fühlte mich geehrt, auch in der 100. Ausgabe mitwirken zu können. Ebenso eine Freude war es, dass mein Beitrag gleich neben dem von Mona Vetsch erschien.

Heute möchte ich auf Kleinstaunen.ch einen Ausschnitt meiner Worte veröffentlichen, denn diese haben, meiner Meinung nach, nach wie vor eine grosse Gültigkeit.

Irgendwann, im Verlaufe der Zeit, durchs älter werden oder dank wunderbaren Erfahrungen, begannen wir uns zu verlangsamen. Nach Jahren unterwegs war Reisen zum Leben geworden, und als ich mich fragte, ob deshalb das Leben nach der Reise vorbei sein würde, begriff ich endlich: Reisen ist Leben, so wie auch das Leben eine Reise ist. Die zwei liessen sich kaum trennen. Und die Reise würde immer weitergehen, egal, ob wir uns dazu äusserlich bewegen oder nicht. Solange unser Geist offen bleibt, unsere Herzen voller Liebe für die Erde und ihre Lebewesen sind und wir aufmerksam von unseren Fehlern und Mitmenschen lernen, reisen wir. Manchmal nach innen, manchmal nach aussen.

Solange unsere Träume ihren Farbenreichtum behalten, solange wir uns bemühen, im Reisealltag wie auch im Arbeitstrott spontan zu bleiben und den Moment zu geniessen, solange wir fremde Menschen und Sitten daheim genau so schätzen wie im Ausland, solange wir die Schönheit der Welt auch vor der eigenen Haustüre bemerken, solange, so wurde mir klar, ist das Leben zu Hause eine der spannendsten Reisen überhaupt.

Uns war dieser Magazin-Artikel erst vor Kurzem wieder in die Hände gekommen. Der Satz mit der „Schönheit der Welt vor der Haustüre bemerken“ brachte uns zum Schmunzeln. Denn genau um das ging es uns bei Kleinstaunen. Wir staunen über winzige Details vor der Haustüre ebenso wie über den grossen Leoparden in Namibia.

Und um dies zu feiern, teilen wir gern diese Supermakroaufnahmen aus einem Blumentopf, die jetzt im Winter vor unserer Haustüre entstanden sind (und dem Ausgleich halber auch noch den Leoparden in Namibia). Staunen wir gemeinsam.

Welwitschia

Welwitschia

Die Welwitschia Mirabilis ist eine unglaubliche und einmalige Pflanze, die es nur in der Namib-Region gibt. Da sind wir ihr auf unserer Reise im März 2023 begegnet (ich kannte sie schon von meiner ersten Namibiareise) und haben fest über sie gestaunt.

Sie gilt oft als hässliche Pflanze, bei einem zweiten Hinschauen (bei manchen Menschen auch schon beim ersten), offenbart sie aber ihre Schönheit.

Meine Gedanken habe ich wie folgt festgehalten:

Überlebenskünstler
Pflanze, wie keine andere
1000 bis 1500 Jahre alt
Schon mit den Dinosauriern auf der Erde
Sie kennen nur die Namib-Wüste
Abgebildet auf dem Staatswappen Namibias
Entfernte Verwandte der europäischen Nadelbäume
Zapfen wachsen den weiblichen Pflanzen
Bestäubt durch Insekten
Orange Wanzen
Sie sei hässlich, meinen viele
Ihre Schönheit liegt beim zweiten Betrachten
Schöpfen Feuchtigkeit vom dichten Nebel der Morgenstunde
Und durch drei Meter tiefe, weitverzweigte Wurzeln
Unterirdisch ausgebreitet über einen Radius von 15 Meter
Nur zwei Blätter, aber diese mehrere Meter lang
Spalten und winden sich um die Pflanze
Mit einer Wachsschicht, um das Wasser drinnen zu halten
Wie Chamäleons verändern sie die Farbe ihrer Blätter
Rote Pigmente als Sonnenschutz
Grün, um durch die Photosynthese Energie gewinnen zu können
Wüstenblume ab und zu einsam, dann wieder in grossen Gruppen
Manchmal trocken, dann wieder Blütenwunder
Clevere Welwitschia
Jedes Mal ein Staunen wert

Pinkelstop an der Kreuzung

Pinkelstop an der Kreuzung

Unterwegs in Namibia in einem Toyota Hilux mit Dachzelt hatten wir das Privileg, spontan zu entscheiden, in welche Richtung wir fahren, wo wir übernachten und wann wir anhalten wollten. So rief alle paar Kilometer einer von uns „Stopp“, weil wir etwas entdeckten, das uns zum Staunen brachte. Bei jedem Stopp griffen wir nach den Kameras (die meistens staubfrei verstaut auf dem Rücksitz im Pelicase lagen) und nahmen uns Zeit und Musse, um in die Situation einzutauchen.

An jenem Tag waren wir auf langen, geraden und einsamen Strassen unterwegs in Richtung Waterberg Plateau und mussten pinkeln. Wir hielten kurz vor einer Kreuzung an und dachten noch so „hier gibt es nicht viel zu staunen“. Doch wie es so geht, können wir beim Pinkeln nicht viel mehr tun als uns zu entspannen und die Umgebung wahrzunehmen. 

Je länger wir entspannten, je besser wir hinschauten, desto spannender wurde es.

Kaum hatten wir fertig gepinkelt, hielten wir schon die Kameras in der Hand und staunten und staunten ab der Vielfalt der „kleinen Welt“.

Ich versuchte, unser Erlebnis auch mit Worten für die Erinnerung festzuhalten:

Die Kreuzung

Lange gerade Kiesstrasse führt ins T
Einsame Strecken
Keine Häuser, keine Menschen
Wolkenreiche Himmel
Perfektes Licht
Stop kurz vor der Kreuzung
Pinkeln
Oh, was bewegt sich da?
Ein Sommervogel, ein Käfer
Termitenhügel, Ameisen
Farbige Blumen
Die Kameras gezückt
Kleinstaunen
Die Welt der Winzlinge ist spannend
Insekten schimmern in allen Farben
Blüten duften
Knips auf jedem Zentimeter
Je mehr wir schauen, desto mehr sehen wir
Der Pinkelstop dauert
Es ist schön, Zeit zu haben

Unglaublich, was es alles zu entdecken und staunen gibt, wenn wir die kleine Welt genau betrachten.

Dieser süsse, pelzige Falter ist uns vor die Füsse geflogen.

Mehr Bilder vom Kreuzung-Stopp sind in der Fotogalerie zu sehen.